Die diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel waren gerade erst zwölf Jahre jung und die Städtepartnerschaft zwischen Münster und Rishon LeZion gab es noch gar nicht, als bereits 1978 der erste Schüleraustausch zwischen der Friedensschule in Münster und dem Gymnasia Realit in Rishon LeZion stattfand. Das war für uns ein besonderer Anlass, dieses Jubiläum jetzt am 30. September mit unseren israelischen Partnern gebührend zu feiern.
Zwölf Tage waren Schülerinnen und Schüler aus Israel bei uns zu Gast und konnten den Alltag in ihren deutschen Gastfamilien kennenlernen und bei uns in der Schule Unterrichtsstunden und Pausen miterleben. In Diskussionsrunden trafen sie hier sehr unterschiedliche Menschen, die in Münster zuhause sind, nämlich Migranten und Flüchtlinge, einen amerikanischen Studenten und einen Juden, der über jüdisches Leben in Deutschland nach 1945 erzählen konnte.
Da die Israelis in ihren Sukkot-Ferien zu uns kamen, besuchten wir auch einen Gottesdienst in der Synagoge mit anschließendem gemütlichem Zusammensein in der Sukka (Laubhütte). Unsere Schülerinnen und Schüler hatten für ihre israelischen Freunde einen interessanten Stadtrundgang durch Münster vorbereitet, aber vor allem die Abende nach dem offiziellen Programm wurden für gemeinsame Aktivitäten genutzt.
Nach einem Besuch in der Mahn- und Gedenkstätte in Düsseldorf trafen die Schüler im Landtag einen Abgeordneten zum Gespräch. Am nächsten Tag fuhren wir nach Bremerhaven, besuchten dort das Deutsche Auswandererhaus und schipperten mit der Dicke-Pötte-Tour über Weser und Nordsee.
Highlight war dann die Jubiläumsfeier in der Aula der Friedensschule. „Ein Schüleraustausch mit Israel ist deutlich mehr als eine Klassenreise“, sagte Schulleiter Ulrich Bertram in seiner Begrüßung. „Man taucht ganz anders ein in die andere Kultur und lernt die Menschen viel persönlicher in den Gastfamilien kennen.“ Und den Gasteltern, die uns mit einem üppigen Buffet verwöhnten, ist es zu verdanken, dass dieser Abend außerdem ein kulinarisches Ereignis wurde.
Als Vertreterin des Schulträgers Bistum Münster würdigte Judith Henke-Imgrund in ihrer Jubiläums-Rede den langjährigen Austausch und vor allem das Projekt „Untold Family Stories“, „denn welches größere Geschenk gegenseitigen Vertrauens können Menschen sich machen, als sich ihre Familiengeschichten zu schenken und damit Einblick in ihr Innerstes zu gewähren.“
Der Vorsitzende des Fördervereins Freunde für Rishon, Benno Reicher, der gleichzeitig auch das Projekt „Untold Family Stories“ für die Friedensschule entwickelt hatte, spannte in seiner Rede einen Bogen vom heutigen Austausch zu seinen Anfängen, als noch Scham- und Schuldgefühle die deutsch-israelischen Beziehungen stark belasteten. Er würdigte vor allem den ehemaligen Kollegen der Friedensschule, Hans Konrad, der diesen Schüleraustausch länger als zwanzig Jahre durchführte.
Die verantwortlichen Lehrerinnen des diesjährigen Austausches sind Marion Bathen-Reicher und Jana Reincke. Die Friedensschüler werden von ihnen über Monate in mehreren Projektgruppen auf die Reise nach Rishon LeZion und die Begegnung mit ihren israelischen Partnern vorbereitet. Unsere Schülerinnen und Schüler stellten an diesem Abend ihre Projekte vor und spätestens beim gemeinsamen Singen des hebräischen Friedensliedes „Osse Schalom“ wurde deutlich, wie gelöst und freudig die Stimmung insgesamt war. Dazu beigetragen hatte auch die Lehrerband, die diese Feierstunde musikalisch umrahmte.
Marion Bathen-Reicher