Philosophie

Das Fach „Philosophie“ in der Oberstufe

Das Fach Philosophie ist curricular in das gesellschaftswissenschaftliche Aufgabenfeld eingebunden. Aufgrund seines universellen Frage- und Denkhorizontes überschreitet es jedoch die Grenzen eines einzelnen Aufgabenfeldes und steht zugleich in einer inhaltlichen und methodischen Beziehung zu den Fächern des sprachlich-literarisch-künstlerischen und des mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Aufgabenfeldes sowie zum Fach Religionslehre. Die Philosophie wird daher auch die Mutter aller Wissenschaften genannt.

Themen des Unterrichts

Philosophieren kann sich auf verschiedene Gegenstände beziehen und ist nicht von vornherein auf bestimmte Inhalte festgelegt. Gleichwohl haben sich in der Geschichte der Philosophie bestimmte philosophische Disziplinen als besondere Bezugsorte der philosophischen Reflexion herausgebildet, die auch für den Philosophieunterricht eine Richtschnur geben.

Der Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) hat uns vier Fragen hinterlassen, die die Themen des Philosophieunterrichts gut eingrenzen:

1. Was kann ich wissen?

2. Was soll ich tun?

3. Was darf ich hoffen?

4. Was ist der Mensch?

Die damit vier entstandenen Disziplinen bilden dabei das äußere Gerüst für den Philosophieunterricht, das inhaltlich verschieden gefüllt werden kann. Eine philosophische Problemreflexion kann dabei durch eigene Überlegungen oder durch traditionell philosophische oder andere Sachtexte, präsentative Materialien wie literarische Texte, Bilder, Filmen und andere Kunstwerken mit philosophischen Gehalt angeregt werden.

Die Einführungsphase übernimmt die Aufgabe, die zur philosophischen Problemreflexion notwendigen Kompetenzen in basaler Form zu entwickeln und die in den Kursen der Qualifikationsphase folgenden Inhaltsfelder vorzubereiten. Im Besonderen dient die Einführungsphase der Ausbildung der zum Philosophieren nötigen methodischen Kompetenzen, deren gezielte Einübung in dieser Phase die Voraussetzung für das erfolgreiche Philosophieren im Rahmen der Qualifikationsphase darstellt. In Absprache mit den Schülerinnen und Schülern werden die folgenden Inhaltsfelder bearbeitet, die jeweiligen Fragestellung sind beispielhaft angeführt und dienen der Orientierung:

1. Eigenarten philosophischen Fragens und Denkens: Was heißt es zu philosophieren?

2. Der Mensch - ein besonderes Wesen: Wie unterscheiden sich Mensch und Tier?

3. Fragen der Moral und Ethik: Unter welchen Umständen darf ich lügen?

4. Umfang und Grenzen staatlichen Handelns: Wozu brauchen wir eigentlich einen Staat?

5. Prinzipien und Reichweite menschlicher Erkenntnis: Wie unterscheide ich Traum und Wirklichkeit?

6. Metaphysische Probleme als Herausforderung der Vernunft: Kann die Existenz Gottes bewiesen werden?

Ziel der Qualifikationsphase ist es, die zur philosophischen Problemreflexion nötigen grundlegenden Fähigkeiten auszubilden. Diese beziehen sich auf wesentliche fachspezifische Fragestellungen, Antwortversuche, Arbeitsmethoden und Darstellungsformen sowie auf inhaltliche Schwerpunkte, die für das Fach exemplarisch sind und für gegenwärtiges und zukünftiges Denken und Handeln eine besondere Bedeutung besitzen. In Absprache mit den Schülerinnen und Schülern werden die folgenden Inhaltsfelder bearbeitet, die jeweiligen Fragestellung sind beispielhaft angeführt und dienen der Orientierung:

1. Das Selbstverständnis des Menschen:
Ist der Mensch ein Natur- oder Kulturwesen?
Was macht mich zum Ich - Körper oder Seele?
Ist unser Wille frei?

2. Werte und Normen
Was sind die Grundsätze eines gelingenden Lebens?
Nützlichkeit oder Pflicht als ethisches Prinzip?
Welche Verantwortung tragen wir in der technologischen Zivilisation?
Wann beginnt menschliches Lebens?

3. Zusammenleben in Staat und Gesellschaft
Wer soll herrschen? Wer soll sich wie für den Staat einsetzen?
Was ist Macht?
Was ist soziale Gerechtigkeit?

4. Wissenschaft und Erkenntnis
Ideen - angeboren oder erworben?
Sind Wissenschaften objektiv?
Was darf Forschung?

Arbeitsweise

Der Philosophieunterricht will die Freude am Nachdenken aufgreifen, fördern, systematisieren und vertiefen. Ziel ist es, wie uns wiederum Immanuel Kant aufgezeigt hat, selbst zu denken und dabei die philosophische Tradition mit einzubeziehen. Um selbstständig zu denken bedarf es erst einmal Neugierde und Bereitschaft, die Anstrengung des Denkens auf sich zu nehmen. Darüber hinaus ist ein Interesse an den Ideen und Meinungen Anderer unabkömmlich. Um die philosophische Tradition mit einzubeziehen, bedarf es der Beschäftigung mit philosophischen Texten. Eine gute Textarbeit ist dabei unbedingt erforderlich.

Schon in ihrer Geschichte ist die Philosophie oft ein Luxus gewesen: Wer gründlich nachdenken will, benötigt Zeit. Wer sich aber diese Zeit nimmt, wird Zusammenhänge unserer Wirklichkeit besser verstehen und Fragen stellen lernen; Fragen nach dem Menschsein, nach unserem Handeln oder nach der Verlässlichkeit unseres Wissens.

Warum Philosophie wählen?

1. Du lernst philosophische Fragen zu stellen und bekommst Handwerkszeug, um eigenständig logisch und argumentativ begründete Lösungsansätze zu entwickeln.

2. Der Philosophieunterricht vermittelt die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zur Klärung des eigenen Denkens, das heißt zur kritischen Überprüfung eigener Standpunkte, Vorurteile und unreflektierter Vorstellungen.

3. Du lernst, strukturiert zu denken und zu argumentieren.

4. Du lernst Probleme aus anderen Perspektiven zu betrachten und auf die Standpunkte anderer einzugehen.

5. Der Philosophieunterricht fördert eine reflektierte Haltung zu und Orientierung in der Welt.

6. Philosophie knüpft unmittelbar an deinen Alltagserfahrungen an. Philosophische Fragen sind Lebens- und Menschheitsfragen.

7. Philosophieunterricht fördert die Urteilsbildung. Philosophische Bildung schult die Urteilskraft als Fähigkeit zur vernünftigen Argumentation und zur sicheren Verwendung von Begriffen.

8. Eine Auseinandersetzung mit philosophischen Texten schult deinen Umgang (auch) mit (schwierigen) Texten.

9. Kein anderes Schulfach bietet einen so fächerübergreifenden Unterricht wie das Fach Philosophie. Verknüpfungen zwischen den Naturwissenschaften sowie den Geisteswissenschaften werden immer wieder hergestellt.

10. Philosophie ist die Mutter aller Wissenschaften, so belegen viele Studierende einer Geistes- oder Gesellschaftswissenschaft Philosophie als Studienfach.

Wettbewerb

Wettbewerb "Philosophischer Essay"

Regelmäßig nehmen Schülerinnen und Schüler des Philosophieunterrichts an dem Wettbewerb "Philosophischer Essay" teil. Die besten Essayschreiber haben dabei die Möglichkeit, an der Philosophischen Winterakademie in Münster teilzunehmen. Auf der Winterakademie werden erneut Essays geschrieben (auf Englisch oder Französisch) und philosophische Vorträge werden gehört und diskutiert. Die beiden besten Essayschreiber nehmen als Vertreter Deutschlands an der internationalen Philosophie-Olympiade teil.

Um eine Idee von Aufgaben zu bekommen, standen im Jahr 2017 die folgenden Themen zur Auswahl:

I. "Denn in den Demokratien, wo nach dem Gesetze regiert wird, ist kein Raum für Demagogen, sondern die tüchtigsten Bürger stehen an der Spitze. Wo aber die Gesetze nicht in Geltung stehen, da gedeihen die Demagogen. Denn hier wird das Volk zum Monarchen, indem es ein einheitlicher, aus vielen zusammengesetzter Souverän wird. Denn die Menge ist hier Herr; nicht der Einzelne, aber die Gesamtheit. (...) Ein solches Volk, das tatsächlich Monarch ist, sucht seine Herrschaft in der Weise auszuüben, dass es sich nicht dem Gesetz unterstellt, und wird so despotisch." (Aristoteles. Politik. Kap. Verfassungsformen. In: Aristoteles. Die Hauptwerke. Übersetzt von Wilhelm Nestle. Stuttgart [8. Aufl.] 1977, S. 310f.)

II. Sind gute Argumente erfolgreich?

III. "Neurowissenschaftler können sich auf den Standpunkt stellen, daß sie ebenso gegen den Aberglauben kämpfen wie diejenigen, die das Vokabular über Hexen als unsinnig entlarvt haben. Und es ist nicht auszuschließen, daß sie damit Erfolg haben. Doch dieser Erfolg wird sich als Ergebnis eines Kampfes einstellen. In dieser Auseinandersetzung reagieren Menschen auf Vorschläge zur Beschreibung von Menschen, oder pathetischer ausgedrückt: Sie ringen miteinander um ihr Selbstverständnis. (...) Welche Relevanz eine biologische Tatsache für das menschliche Selbstverständnis hat, wird durch die Tatsache selbst nicht festgelegt." (Michael Hampe. Die Lehren der Philosophie. Eine Kritik. Berlin 2014, S. 227)

IV. "Wir dürfen unser/ Leben / nicht beschreiben, wie wir es / gelebt haben / sondern müssen es / so leben / wie wir es erzählen werden: / Mitleid / Trauer und Empörung."
(Guntram Vesper, "Landmeer". Aus: Die Inseln im Landmeer. Gedichte. Pfaffenweiler 1982, S. 30.)