Der Q2-Geschichtsgrundkurs von Frau Brodde hatte im Rahmen einer großen Schultour der Konrad-Adenauer-Stiftung Besuch von DDR-Zeitzeuge Stephan Giering. Zwei Stunden lang wurden die SchülerInnen in den Bann des Redners gezogen und erlebten, dass es durchaus nicht selbstverständlich ist, seine Meinung frei äußern zu dürfen. Giering, 1973 in Belzig geboren, wuchs in einem nicht alltäglichen Umfeld auf: Die Mutter streng kommunistisch erzogen, der Vater katholischer Theologe- allein dadurch ergab sich ein Spannungsfeld innerhalb der eigenen Familie, das ein Heranwachsender nicht so einfach einordnen kann. Vielleicht aus diesem Grund beginnt Giering in seiner Schulzeit, eine eigene Schülerzeitung herauszugeben, in der er gegen das kommunistische Regime auf humoristische Art und Weise rebelliert. Eine Foto-Montage, bei dem man den Berliner Fernsehturm mit der kapitalistischen USA-Fahne sehen konnte, bringt ihm sogar eine Besuch der Schulleitung ein. Giering erlebt, welche Restriktionen plötzlich möglich sind.
Als ihm der Besuch der Oberstufe nicht ermöglicht werden soll, flieht Giering kurz vor der Wende mit dem Zug Richtung Budapest und erreicht von Österreich aus die Bundesrepublik. Sein erster Halt ist Münster, daher verbindet er eine besondere Nähe zu unserer Stadt. Heute arbeitet er als freier Publizist und Berlin-Guide in der Hauptstadt.
Die SchülerInnen der Q2 waren besonders daran interessiert, wie man damals mit der ständigen Überwachung in der DDR gelebt hat. Dazu hatte Giering ein passendes Zitat parat: „Sei deinen Freunde nahe, aber deinen Feinden noch näher.“ In diesem Sinne hat er versucht, nicht in die Beobachtung zu geraten. Giering selber hat seine Stasi-Akte nach der Wende eingesehen und war überrascht, welche Nichtigkeiten in seinem jungen Teenager-Leben doch für die sogenannte „Horch-und Guck-Maschinerie“ von Belang waren.
Giering machte den Jugendlichen eindringlich klar, dass sie selber dafür verantwortlich sind, in welcher Zukunft sie leben möchten und appellierte an sie, sich einzumischen, genau hinzusehen, wenn Minderheiten unterdrückt werden und politisch aktiv zu sein. Er verabschiedete sich augenzwinkernd mit einem Honecker-Zitat, das man im Sinne seines Vortrages ummünzen kann: „Vorwärts immer, rückwärts nimmer.“