Sie war die erste Schwarze Schülerin an der Friedensschule in Münster. Ihr Leben lang setzte sie sich gegen Rassismus und für Gleichberechtigung ein. May Ayim besuchte bis 1979 die Bischöfliche Gesamtschule, die ihrer ehemaligen Schülerin jetzt ein Denkmal gesetzt hat: Am 17. März weihte die Schulgemeinschaft den May-Ayim-Platz auf dem neuen Schulcampus ein. Er soll Generationen von Schülerinnen und Schülern daran erinnern, dass die Friedensschule „eine Schule der Vielfalt ist“, wie Schulleiter Ulrich Bertram betonte. „Wir setzen heute ein Zeichen, indem wir diese Vielfalt und Toleranz würdigen, indem wir ausdrücklich sagen, dass jeder Mensch, egal welcher Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung, ein Kind Gottes ist“, sagte Bertram. Als sichtbares Zeichen dafür wurde ein Namensschild auf dem Campus feierlich enthüllt.
„Danke, May Ayim. Du bist eine von uns.“ Die Worte, mit denen der Sechstklässler Jakob die Laudatio beendete, berührten die Gäste des Festaktes. Ein Bruder May Ayims war gekommen, ebenso ihre Schulfreundin Hildegard Kemper, die gemeinsam mit der Anti-Rassismus-Aktivistin zum zweiten Abiturjahrgang an der Friedensschule gehörte. Judith Henke-Imgrund und Dana Pyziak aus der Schulabteilung des Bistums Münster nahmen stellvertretend für den Schulträger teil, Schülervertreter aus allen Jahrgangsstufen sowie Lehrerinnen und Lehrer füllten die Reihen.
Mit ihrem Kommen würdigten sie das Lebenswerk der schwarzen Schülerin, die 1960 als Tochter einer deutschen Mutter und eines ghanaischen Vaters in Hamburg geboren wurde und in einer Weißen Pflegefamilie in Münster aufwuchs. Von vier Schülern erfuhren die Anwesenden, dass May Ayim nach dem Abitur als Logopädin arbeitete und immer stärker die unreflektierte, diskriminierende Sprache ins Auge nahm. Sie prägte den Begriff „Afro-Deutsche“ und gilt als eine der Gründerinnen der Initiative „Schwarze Deutsche und Schwarze in Deutschland“. „Ihre Texte und Gedichte beinhalten ihre Erfahrungen und beeinflussen bis heute andere schwarze Frauen in ihrer Rolle in unserem Land, ja weltweit“, fassten die Schüler die Wirkung May Ayims in der Laudatio zusammen. „Mit ihren Texten wird der weißen Bevölkerung ein Spiegel vorgehalten, der nur zu oft den Alltagsrassismus deutlich macht“, hieß es über die ehemalige Schülerin, die sich 1996 im Alter von 36 Jahren das Leben nahm.
Dass Rassismus ein Thema ist, mitten in Deutschland, im Alltag, darauf machte die Friedensschülerin Aylar Hashempour eindrücklich aufmerksam. Die 20-Jährige, die erst vor vier Jahren mit ihrer Familie aus Persien nach Deutschland gekommen ist, sprach sich gegen jede Art von Rassismus und Diskriminierung aus. „Ich habe persönlich oft erlebt, wie es sich anfühlt, wenn man mit anderen Augen betrachtet wird. Das verletzt das Selbstbewusstsein. Denn niemand möchte als Belastung der Gesellschaft wahrgenommen werden.“ Während ihre Freunde nach der Schule Hobbys nachgingen, habe sie für ihre Eltern Briefe übersetzen müssen. „Ich habe mich damals oft gefragt, ob wir wirklich gleich sind“, blickte sie zurück – und äußerte eine Bitte: „Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass die Leute, die von ausgrenzenden Sichtweisen und Denkstrukturen bedroht sind, gleiche Chancen bekommen. Vielen Dank an May Ayim, dass sie mit Hilfe ihrer mächtigen Sprachbilder auf all das aufmerksam gemacht hat.“
Ann-Christin Ladermann