Auf dem Weg nach Weimar haben wir einen Halt in Porta Westfalica gemacht, wo uns ein Arbeitslager gezeigt wurde, in dem Häftlinge in den letzten Kriegsmonaten gezwungen wurden, im nahegelegenen Jakobsberg unterirdische Produktionsstätten für die Rüstungsindustrie und später für die Schmierölproduktion zu schaffen. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen waren sehr schlecht und die Versorgung nicht ausreichend, die Häftlinge waren also der schweren Arbeit kaum gewachsen und viele starben. Das Arbeitslager wurde in einem Hotel eingerichtet. Die Häftlinge mussten durch den Ort zum Berg laufen. Sehr vieles spielte sich also vor den Augen der deutschen Bevölkerung ab.
In Weimar befassten wir uns anfangs viel mit der Ideologie der Nationalsozialisten und besuchten dann auch die Gedenkstätte Buchenwald. In diesem KZ mussten die Häftlinge unter anderem in einem Steinbruch harte Arbeit verrichten. Dabei kam es häufiger vor, dass sie zusammenbrachen, sich verletzten oder aufgrund der Strapazen starben. Der Steinbruch aber auch das Krematorium hinterlassen Eindruck, da man an diesen Orten noch viel aus der Zeit erkennen kann.
In Erfurt besuchten wir eine Ausstellung im Hauptgebäude der ehemaligen Fabrik „Topf und Söhne“, welche im Nationalsozialismus Brennöfen für Krematorien in Konzentrationslagern und Lüftungsanlagen für Gaskammern herstellten. Dort haben wir uns auch mit individuellen Biografien auseinandergesetzt. Beispielsweise gab es einen kommunistischen Arbeiter, der, wenn er nicht für „Topf und Söhne“ gearbeitet hätte, wieder im KZ inhaftiert worden wäre. Wir haben aber auch gelernt, dass nicht jeder gezwungen wurde für die Nazis zu arbeiten, sondern dass zum Beispiel ein Ingenieur aus eigenem Antrieb heraus, einen Ofen entwickelte, der Menschen besonders „effizient“ verbrennen sollte.
Die zweite Gedenkstätte, welche wir besuchten, war Mittelbau-Dora bei Nordhausen. Diese steht exemplarisch für die Geschichte der KZ-Zwangsarbeit in der NS-Zeit. Dort konnte man eine Ausstellung besuchen, aber auch auf dem Gelände war noch viel zu erkennen. Uns führte ein ehemaliger Friedensschüler, der nun als „Bufdi“ uns auch einen riesigen Teil des noch viel größeren Stollens zeigte, in dem Raketen für die Rüstungsindustrie produziert worden sind. Dort arbeiteten jedoch nicht nur Häftlinge sondern auch die Zivilbevölkerung. Von ihnen bekamen die Häftlinge aber kaum Hilfe. Ihr Leben war unter Tage von Dunkelheit, Dreck, Lärm und schwerster körperlicher Arbeit bei spärlichen Essensrationen geprägt. Der Stollen ist noch sehr gut erhalten und man konnte noch Reste aus der damaligen Zeit erkennen, was bei vielen gleich eine gedrückte Stimmung hervorrief. Besonders bedrückend war aber auch hier das Krematorium des Lagers, in dem man sich der Vielzahl an Leichen entledigte. Geradezu verstörend waren die Überreste der hübschen Wandbemalungen in den Wachräumen des Krematoriums.
Schließlich sind wir noch nach Berlin gefahren. Neben zentralen Orten der Stadt schauten wir uns die Ausstellung im Haus der Wannsee-Konferenz an, in dem bei einem Treffen mit anschließendem Frühstück die Ermordung von elf Millionen europäischen Juden organisiert wurde. Außerdem besuchten wir das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, welches sich im Berliner Ortsteil Niederschöneweide befindet. In dem Barackenkomplex ehemaliger Zwangsarbeiter wurden in einer umfassenden Ausstellung Informationen über deren Lebenssituation in der Zeit des Nationalsozialismus zusammengetragen und der Öffentlichkeit vorgestellt. Dort war wie in Porta Westfalica und überall in Deutschland die Zwangsarbeit für die Zivilbevölkerung nicht zu übersehen, da das Lager hier mitten in einem Wohngebiet erbaut wurde. Die Einzelschicksale von Frauen waren besonders eindrucksvoll. Diese berichteten in ihren dokumentierten Erinnerungen davon, dass sie aufgrund von Unterernährung keine Periode mehr bekamen. Sie erzählten außerdem, dass das Misstrauen unter den im Lager versammelten ethnischen Gruppen riesig war. Wenn aus Not heraus z.B. Kleidung gestohlen wurde, wurden nicht die eigenen Leute verdächtigt. Eine Neuanschaffung der Kleidung wa nur schwer möglich, denn Kleidermarken waren für Zwangsarbeiter*innen nahezu unmöglich zu bekommen, weswegen die meisten auf einen überteuerten Schwarzmarkt zurückgreifen mussten, obgleich sie kaum Geld verdienten. Ernährung, Kleidung und Zugang zur Hygiene waren bestimmende Themen dieser Frauen und Männer. Was das bedeutet haben muss, wird einem in Ansätzen klar, wenn man im Gebäude sieht, dass sich hunderte Arbeiter*innen sechs Toiletten und wenige Waschbecken teilen mussten.
Trotz der vielen neuen und zum Teil auch erschreckenden Eindrücke konnten wir uns als Gruppe auch mit Hilfe der abendlichen Freizeitgestaltung gegenseitig gut auffangen und auch mal auf andere Gedanken kommen.
Wir danken Leander Vierschilling und Claudia Strieter für die Organisation und der Konrad-Adenauer-Stiftung für die finanzielle Unterstützung der Fahrt.