Gefühl von Ehrfurcht vor der Schöpfung

Ehemaliger Astronaut Thomas Reiter berichtet vor 450 Schülern der Friedensschule von Weltraumissionen

 

Münster (pbm/acl). „Astronaut zu werden, das war ein Kindheitstraum von mir.“ Dem einen oder anderen in der Aula der Friedensschule in Münster kamen die einführenden Worte des ehemaligen Raumfahrers Dr. Thomas Reiter wahrscheinlich bekannt vor, hatten sie doch selbst früher als Berufswunsch in die Freundebücher „Astronaut“ eingetragen. Reiter, der fast ein ganzes Jahr seines Lebens im All verbracht hat, war am 11. November zu Gast in der bischöflichen Gesamtschule und warb vor rund 450 Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 10, der EF und der Q1 für seinen Beruf und die Raumfahrt.

176 Tage verbrachte Reiter 1995 auf der Raumstation MIR, 166 weitere Tage folgten 2006 auf der ISS. „Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, zum ersten Mal das Weltall zu betreten“, berichtete der frühere Raumfahrer über drei nicht ganz ungefährliche Außeneinsätze im Raumanzug, die ihm die beiden Aufenthalte im Weltall ermöglichten. Hartes Training, darunter Übungen in großen Wassertanks, um den Umgang mit dem Astronautenoutfit zu trainieren, außerdem eine Überlebensausbildung für Notsituationen seien Voraussetzung für die Missionen gewesen.

Anhand von kurzen Videos und Fotos gab Reiter den Schülern einen Einblick in den Alltag in einer Raumstation, er erzählte davon, wie schwierig es ist, in der Schwerelosigkeit einen Schraubenzieher zu drehen, und dem magischen Gefühl, von außen auf die Erde zu blicken. Oft glaube man, dass der Ort auf der Erde, an dem man sich gerade befindet, das Zentrum des Universums sei, sagte Reiter. „Die Raumfahrt verdeutlicht, dass dem nicht so ist und lässt in einem Ehrfurcht vor der Natur, vor der Schöpfung aufkommen.“

Ein Großteil der Arbeitszeit im Weltall habe Reiter – so wie alle Astronauten – mit Experimenten verbracht. Wie verhält sich Wasser, wie eine offene Flamme in der Atmosphäre, wie verändern sich Stoffe? Auch die Wartung der Bordsysteme habe Zeit in Anspruch genommen.

Sein Wunsch, den er in die Friedensschule mitbrachte: „Ich möchte die Jungen und Mädchen ein bisschen für die Natur- und Ingenieurswissenschaften begeistern. Wenn wir uns die Abschlusszahlen an den technischen Universitäten in Deutschland anschauen, ist definitiv Luft nach oben – insbesondere, was den Frauenanteil angeht“, wusste Reiter. Gebannt folgten die Schüler seinem Vortrag, einige stellten nach Ende der Stunde konkrete Fragen. Vielleicht ein erstes Zeichen, dass der Funke der Leidenschaft für die Raumfahrt von Thomas Reiter übergesprungen ist.

 

Foto: Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann