„Alles hat seine Zeit“, so begann Schulleiter Ulrich Bertram mit einem Zitat aus dem Buch Kohelet die festliche Einweihung des May Ayim Platzes in der Friedensschule. Das, was schon lange an unserer Gesamtschule Platz hat, Vielfalt und Toleranz, bekommt jetzt, auch und gerade in der Zeit des Krieges in der Ukraine, einen Namen: Im Namen von May Ayim verpflichtet sich die Schule, Vielfalt zu würdigen. Denn jeder Mensch, so Bertram, egal welcher Hautfarbe, Religion oder sexuellen Orientierung, sei ein Kind Gottes. Mit der besonderen Erinnerung an May Ayim solle hier von uns, in der Friedensschule, in Münster und in Deutschland ein Zeichen gesetzt werden, das nicht nur für die Gegenwart sondern auch für die Zukunft Anlass für Austausch, Gespräche und Selbstreflexion sein soll, wie wir mit Toleranz und Vielfalt umgehen und künftig umgehen wollen.
Wer May Ayim war, erfuhren die Gäste dann von Schüler*innen des sechsten Jahrganges. Sie hatten sich intensiv mit ihrem Leben und ihrem Werk auseinandergesetzt. May Ayim, am 3. Mai 1960 in Hamburg geboren, war die Tochter eines Ghanaers und einer Deutschen. Sie wurde nach ihrer Geburt in ein Heim gegeben und wuchs in einer weißen Pflegefamilie in Havixbeck auf, ging auf die Friedensschule und machte hier ihr Abitur.
Als einzige mit schwarzer Hautfarbe in ihrer Umgebung erlebte May Ayim noch als May Opitz auch in Münster und Umgebung den Alltagsrassismus der Zeit hautnah. Sie schrieb darüber, wurde aktiv, verband sich mit anderen, die in der gleichen Situation waren wie sie. Eine solche Verbundenheit fand sie vor allem im multikulturellen Berlin. Sie reiste nach Ghana zur Familie ihres Vaters und nahm dessen Nachnamen „Ayim“ an. Und so verband sie beide Kulturen miteinander, die deutsche und die ghanaische, fand aber dennoch in beiden keine wirkliche Heimat. Sie prägte die Begriffe „Afrodeutsche“ und gilt als eine Begründerin der Initiative „Schwarze Deutsche“ und „Schwarze in Deutschland“. Sie setzte sich intensiv für Frauenrechte ein und nahm mit ihren Texten und Gedichten starken Einfluss auf Schwarze Frauen in Deutschland und weltweit. May Ayim nahm sich mit 36 Jahren das Leben.
Zwei Schülerinnen aus der Q2, Sophia Baltin und Aylar Hashempour, hielten außerdem ein bewegendes Plädoyer gegen jegliche Art von Rassismus. Angeregt durch das Gedicht May Ayims „Grenzenlos und unverschämt – Ein Gedicht gegen die deutsche Sch-einheit“ aus dem Jahr 1990 setzten Sie sich in ihrer Rede mit Rassismus auseinander, der in Deutschland lange als überwunden galt, der aber versteckt oder offen immer wieder zu Tage trete. May Ayim habe eine brandaktuelle Diskussion angeregt und „wir bestimmen, wie diese weitergeführt wird“, so Sophia Baltin. Auch hier bei uns, so wurde durch Aylar Hashempour deutlich, gibt es Rassismus und Diskriminierung. Beides äußert sich in Benachteiligung und erlebter Ungleichheit. Aylar, die von ihren persischen Wurzeln erzählt und erst seit vier Jahren in Deutschland lebt, macht den Zuhörer*innen deutlich, dass jeder Mensch mit Immigrationshintergrund immer wieder an Grenzen stößt und sich dann die Frage stellt, „ob wir wirklich alle gleich sind und die gleichen Chancen haben.“
Nach den bewegenden und eindringlichen Reden wurde draußen auf dem Schulhof das neue Schild des May-Ayim-Platzes feierlich von Frau Meyer und ihrer AG „Schule gegen Rassismus – Schule mit Courage“ enthüllt. Sie hatten die Initiative ergriffen, haben sich intensiv mit dem Leben und Wirken von May Ayim auseinandergesetzt, Interviews mit ihrem Pflegebruder Holg Opitz und ihrer damaligen Schulfreundin Hildegard Kemper geführt, die auch unter den zahlreichen Gästen waren. Zu ihrem Gedenken soll der neu gestaltete Platz auf unserem Schulhof, auf dem täglich Schüler*innen spielen, toben und gemeinsam essen, May Ayim-Platz heißen. Er soll uns daran erinnern, einander mit Toleranz und Respekt zu begegnen.
Den festlichen Rahmen dieser Einweihung vollendete die Big-Band der Friedensschule mit toller Musik!
So bleibt am Ende nur noch ein weiteres Mal Aylar zu zitieren:
„Vielen Dank an May Ayim, die mithilfe ihrer mächtigen Sprachbilder auf all das aufmerksam gemacht hat! Vielen Dank an die Initiator*innen dieses Tages, dass sie dieses wichtige Thema in unsere Schule tragen.“
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