Ruth Weiss besucht die Friedensschule

Ruth Weiss wurde als deutsche Jüdin 1924 geboren. Nachdem sie als Kind in Deutschland die Anfänge des Nationalsozialismus erlebt hatte, wanderte sie mit ihrer Familie 1936 nach Südafrika aus. Dort erlebtes sie als junge Frau und Journalistin die Errichtung von Rassentrennung und Apartheid. Sehr eindrucksvoll weiß sie von ihren Erfahrungen zu berichten!

 

Am 10.03.2022 hatte der neunte Jahrgang der Friedensschule die besondere Gelegenheit zwei Unterrichtsstunden lang Frau Weiss zuzuhören und Fragen zu stellen. Frau Weiss wurde begleitet von   Gesche Karrenbrock, einer Juristin mit dem Schwerpunkt Internationales Recht, die bis zu ihrer Pensionierung beim UNHCR auch in verschiedenen Ländern Afrikas gearbeitet hat.

 

Im Religions-, Geschichts- und Deutschunterricht werden die Schülerinnen und Schüler gerade auf eine Fahrt nach Weimar und in das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald vorbereitet. Das bisher Gelernte konnte nun mit einem Einzelschicksal verknüpft werden. Gebannt hörten alle Anwesenden zu, wie unmittelbar sich die Machtübernahme der Nationalsozialisten auf das Leben von Ruth Weiss und ihrer Familie auswirkt: In ihrem Dorf in Franken gehört der Lehrer ihrer Volksschule der NSDAP an und setzt direkt am folgenden Tag die durch den „Stürmer“ verbreitete antisemitische Ideologie um. Ruth muss als einzige Jüdin der altersübergreifenden Klasse separiert von ihren Mitschüler*innen sitzen.  In den Pausen spielt keine*r mehr mit ihr. Mädchen, die ihr kurz zuvor noch im Poesiealbum ewige Freundschaft versprochen hatten, wenden sich von einem Tag auf den anderen von ihr ab. Die große Schwester, die zuvor viele Verehrer im Ort gehabt hatte, wird nun plötzlich auf der Straße mit Mist beworfen und die Familie mehr und mehr eingeschränkt, ist Anfeindungen und auch Gewalt ausgesetzt.

Ihre Eltern gehen dann mit ihr und ihrem Hund Prinz zunächst nach Fürth und Ruth besucht die völlig überfüllte israelitische Schule. Die Kinder lernen viel von den überqualifizierten Lehrer*innen, die aus ihren eigentlichen Berufen gedrängt worden waren. Ihr Vater bekommt schließlich im fernen Südafrika eine Anstellung und verlässt die Familie vorübergehend, um für seine Frau und die beiden Töchter alles in der neuen Heimat vorzubereiten. Als die Familie folgt, erfährt Ruth sehr schnell, dass sie mit den Schwarzen Kindern nicht spielen darf, sie nicht berühren darf. Sie ist nicht bereit, das zu akzeptieren.

 

Bis heute vertritt und lebt sie die Ansicht „Niemand ist mit Vorurteilen geboren“. Sie widmet ihre Arbeit als Journalistin diesem Grundsatz und setzt sich als inzwischen 98-jährige Autorin mit den Wurzeln und den Ausprägungen des Antisemitismus und des Rassismus in der Welt kritisch auseinander.

Als eine Schülerin am Ende fragte, warum sie Schülerinnen und Schülern von ihrem Schicksal erzählt, wird deutlich, dass es Ruth Weiss darum geht, über Unrecht aufzuklären und zu erreichen, dass auch die folgenden Generationen hinsehen, wenn Unrecht geschieht und sich dagegen stellen – immer und gerade jetzt…

 

Wir danken der Ruth Weiss-Gesellschaft und unserem Förderverein für diese einmalige Gelegenheit eines Zeitzeuginnengespräches. Unser Dank gilt außerdem Ronja Vollmari und ihrem Ensemble, die auf Wunsch von Frau Weiss Mozarts „kleine Nachtmusik“ als Flötenarrangement einstudiert hatten und uns damit musikalisch auf die Veranstaltung einstimmten.

 

STR