Zeitzeugin zu Gast

Der Italienischkurs Q2 von Frau Borrelli hatte das Glück, einen besonderen Gast im Unterricht begrüßen zu können. Frau Simonetta Magagnini Hentschel, Großmutter einer Schülerin unserer Schule, die 1964 nach Münster ausgewandert ist, beantwortete als Zeitzeugin die vielen interessierten Fragen, die der Kurs zum Thema „Italienische Auswanderung nach Deutschland in den 50er und 60er Jahren“ in Anlehnung an der aktuellen Unterrichtsreihe vorbereitet hatte. In einem gemütlichen Sitzkreis wurden viele im Unterricht erworbene Kenntnisse bestätigt und einige neue, für uns heute undenkbare Informationen gewonnen.

In Zeiten, wo einige das Konzept Europa in Frage stellen, ahnen wir anhand von Frau Hentschels Erzählungen, was es bedeuten könnte, gäbe es kein Europa mehr: Um in Deutschland zu bleiben, brauchte sie ein Visum, das alle drei Monate erneuert werden musste. Sie musste jedes Mal beweisen, dass sie einen gültigen Arbeitsvertrag hatte, und jedes Mal wurden ihr die gleichen – ihrem Wortlaut nach – demütigenden Fragen gestellt. Das erste Mal musste sie außerdem ihr erstes Gehalt für eine gesundheitliche Untersuchung ausgeben. Wäre sie nicht gesund gewesen, hätte sie nicht in Deutschland bleiben können.

Interessant und gleichzeitig befremdlich waren auch die Erzählungen um den damaligen Frauenstatus. Das, was für uns heute selbstverständlich ist, wurde nur dank mutiger Frauenbewegungen erreicht. Und es ist so, dass wir erfahren durften, dass es in den 60er Jahren keine Pizzerien, Restaurants oder Cafés, sondern nur Kneipen gab, in die man als Frau nur in Begleitung des Ehemannes hinein durfte. Die doppelte Staatsangehörigkeit war auch nur für Männer möglich, die deutsche Frauen heirateten. Sie musste ihre leider abgeben, bis das Gesetz geändert wurde.

Das Gespräch mit Frau Hentschel war eine echte Bereicherung für den Kurs und wir sind dankbar, in einer Zeit und einem Land zu leben, wo das Miteinander zwischen den Völkern und die Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern relevante Fortschritte gemacht hat.

MILLE GRAZIE an Frau Hentschel für ihre Zeit und Teilhabe an ihrer persönlichen Geschichte!